Teilzeitarbeit wider Willen
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- von Martina C. Große-Wilde, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Fachanwältin für Familienrecht
Verhandelt der Arbeitgeber nicht ausreichend mit dem Arbeitnehmer über dessen Wunsch nach Teilzeitarbeit, dann muss er gegen seinen Willen den Arbeitnehmer in Teilzeit weiterbeschäftigen, so das LAG Düsseldorf mit Urteil vom 02.05.2002.
Hintergrund war, dass sich die Arbeitnehmerin zunächst in Erziehungsurlaub und dann in unbezahltem Sonderurlaub befand. Während dieser Zeit führten die Parteien ergebnislose Gespräche über eine mögliche Teilzeittätigkeit der Arbeitnehmerin. Dann beantragte die Arbeitnehmerin nach dem neuen Teilzeit-und Befristungsgesetz (TzBfG) eine Teilzeittätigkeit. Dieses lehnte der Arbeitgeber aus organisatorischen Gründen ab.
Nach § 8 TzBfG kann ein Arbeitnehmer, der länger als 6 Monate beschäftigt ist, verlangen, dass seine Arbeitszeit verringert wird. Das gilt für Betriebe mit in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmern. Verringerung und Umfang müssen 3 Monate vor Beginn geltend gemacht werden. Der Arbeitgeber muss dieses dann mit dem Arbeitnehmer erörtern mit dem Ziel, zu einer Vereinbarung zu kommen. Er muss zustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Die Entscheidung muss der Arbeitgeber spätestens ein Monat vor dem Beginn der gewünschten Verringerung schriftlich mitteilen.
Liegt eine Einigung nicht vor und lehnt der Arbeitgeber nicht rechtzeitig ab, dann gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend dem Wunsch des Arbeitnehmers als festgelegt. Nach Ansicht des LAG hatte der Arbeitgeber den Teilzeitwunsch nach § 8 TzBfG nicht konkret mit der Arbeitnehmerin erörtert. Deshalb gilt seine Ablehnung nicht als rechtzeitig. Er muss die Arbeitnehmerin gegen seinen Willen jetzt in Teilzeit weiterbeschäftigen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat jetzt durch Urteil vom 18. Februar 2003 anders entschieden. Danach verstößt der Arbeitgeber zwar gegen seine Verhandlungspflicht. Dies führt aber nicht dazu, dass der Arbeitgeber bestraft wird und seine Zustimmung fingiert wird. Der Arbeitgeber verliert nicht sein Recht, den Antrag des Arbeitnehmers auf Teilzeit abzulehnen.
Unser Rat:
- Sie sollten trotz alledem das vorgeschriebene Verfahren einhalten. Dies gilt auch für Kleinbetriebe, bei denen ein Anspruch auf Teilzeittätigkeit gar nicht besteht. Prüfen Sie immer, ob Sie eine ausreichende Erörterung vorgenommen haben. Beachten Sie die Fristen. Weil es eine neue Materie ist, sollten Sie sich hierbei fachlich beraten lassen.
LAG Düsseldorf v. 2.5.2002 und BAG vom 18. Februar 2003
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