Kündigung auf Vorrat
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- von Martina C. Große-Wilde, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Fachanwältin für Familienrecht
Eine typische Situation: Der Arbeitgeber hat einen befristeten Auftrag mit einem Kunden, der in Kürze ausläuft. Also geht er hin und kündigt rechtzeitig die mit dem Auftrag befassten Mitarbeiter.
Das BAG hat durch Urteil vom 13. Februar 2008 entschieden, dass eine Kündigung zu dieser Zeit noch gar nicht zulässig ist. In dem zu entscheidenden Fall hatte der Arbeitgeber mit dem Landkreis einen Vertrag bis zum 31. Dezember 2004 für die Säuberung der Rettungswachen. Im März 2004 schrieb der Kreis diese Arbeit neu aus. Der Arbeitgeber bewarb sich rechtzeitig um den Folgeauftrag. Am 15. Juni 2004 kündigte er seinem Mitarbeiter zum 31. Dezember 2004 aus betriebsbedingten Gründen. Im September 2004 teilte der Kreis mit, er habe jemand anderes den Zuschlag gegeben.
Eine betriebsbedingte Kündigung kann ausgesprochen werden, wenn dringende betriebliche Erfordernisse bestehen. Innerbetriebliche Gründe sind etwa Unternehmerentscheidungen wie Rationalisierungen, Umstellungen oder Einschränkungen der Produktion. Ein außerbetrieblicher Grund kann ein Mangel an Aufträgen oder der Rückgang des Umsatzes sein. Die betrieblichen Erfordernisse müssen dringend sein. Die Kündigung muss unvermeidbar sein.
Entscheidend ist hierbei der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung an den Mitarbeiter. Eine Kündigung soll grundsätzlich nur möglich sein, wenn der Arbeitsplatz tatsächlich schon entfallen ist. Ausnahmsweise soll es reichen, dass die maßgebliche Entwicklung für den Wegfall des Arbeitsplatzes schon feststeht. Die Entscheidung des Arbeitgebers soll gefallen sein. Sie soll sich zum Ende der Kündigungsfrist verwirklichen. Ist eine Beschäftigung noch möglich, die künftige Entscheidung aber schon gefallen, kommt es darauf an, ob der Mitarbeiter bis zum Kündigungszeitpunkt voraussichtlich entbehrt werden kann.
Der Grund der Entlassung soll mit einiger Sicherheit vorliegen, die Entscheidung bereits endgültig getroffen sein. Die Schließung des Betriebes oder einer Betriebsabteilung soll feststehen und greifbare Formen angenommen haben. Ein Stilllegungsbeschluss soll schon getroffen und nicht nur erwogen sein. Ist das nicht der Fall, soll eine Kündigung unwirksam sein.
Das Gleiche gilt, wenn noch ernsthafte Verhandlungen über die Veräußerung des Betriebes oder der Betriebsabteilung laufen. Ebenso ist es, wenn sich der Arbeitgeber um neue Aufträge bemüht. Dann liegt eben noch keine endgültige Stilllegungsabsicht vor, die allein maßgeblich ist. Eine Kündigung auf Vorrat ist jedenfalls unwirksam.
Unser Rat:
- Kündigen Sie nicht zu früh.
- Die Pflicht zur Lohnzahlung läuft bei unberechtigter Kündigung weiter.
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