Vorteilsausgleichung bei Leistungskette am Bau
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- von Franz M. Große-Wilde, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Erbrecht
Wird bei einem Bauvorhaben ein Generalunternehmer (GU) tätig, so schaltet er in der Regel eine Vielzahl von Nachunternehmern ein, die dann die einzelnen Leistungen erbringen. Treten nun Mängel auf, so muss zunächst der Nachunternehmer gegenüber dem GU für die Mängel einstehen, der GU gegenüber dem Bauherrn. Die jeweiligen Ansprüche werden hierbei regelmäßig weitgehend gleich laufen.
Was passiert aber dann, wenn der Bauherr seine Ansprüche gegen den GU nicht geltend machen kann oder nicht geltend macht, z. B. wegen Verjährung oder anderweitiger Vereinbarungen. Kann der GU gleichwohl gegenüber dem Nachunternehmer die vollen Gewährleistungsansprüche durchsetzen?
Im konkreten Fall lagen die Beseitigungskosten des Mangels bei ca. 115.000 €. Der GU hatte sich mit dem Bauherrn auf eine Zahlung in Höhe von ca. 50.000 €, eine Gewährleistungsverlängerung auf 10 Jahre und eine Bürgschaft über 20.000 € verständigt. Gegenüber dem Nachunternehmer rechnete er mit den vollen Beseitigungskosten (115.000 €) gegenüber dem restlichen Werklohn auf. Das OLG wies die Werklohnklage deshalb ab.
Früher war der BGH der Auffassung, dass dies für den Anspruch des GU gegen den Nachunternehmer irrelevant sei. Von dieser Rechtsprechung hat der BGH jetzt in zwei Entscheidungen vom 28. Juni 2007 (VII ZR 8/06 und VII ZR 81/06) Abstand genommen.
Zwar bleibt das Gericht bei seiner Ansicht, dass der Nachunternehmer grundsätzlich den vollen Schadensersatzanspruch habe. Allerdings müsse geprüft werden, ob hier nicht unter dem Gesichtspunkt einer „Vorteilsausgleichung“ der Vorteil desjenigen, der von seinem Auftraggeber nicht in Anspruch genommen wird, weitergegeben werden muss. Im Ergebnis bedeutet dies, dass sich die Ansprüche des GU gegen einen Nachunternehmer in der Regel danach richten, in welchem Umfang er selbst von seinem Auftraggeber, dem Bauherrn, in Anspruch genommen wird.
Hat der Bauherr keine Mängel gerügt und sind Gewährleistungsansprüche verjährt, dann kann auch der GU keinen Schadensersatz vom Nachunternehmer verlangen.
Hat sich aber der Generalunternehmer mit dem Bauherrn in anderer Form verständigt, so kommt es letztlich auf den Einzelfall an. Deshalb hat der BGH im obigen Falle die Vorentscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung zurückverwiesen.
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