Kündigung zur angemessenen Verwertung
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- von Martina C. Große-Wilde, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Fachanwältin für Familienrecht
Eine wirtschaftliche Verwertung einer Immobilie ist angemessen, wenn sie von vernünftigen, nachvollziehbaren Überlegungen getragen wird. Durch Urteil vom 28.01.09 hat der BGH diese Frage entschieden.
Die Wohnung des Mieters befand sich in einem 1914 errichteten Gebäude mit 6 Wohnungen und einer Gesamtwohnfläche von 280 qm auf einem 600 qm großen Grundstück in innenstadtnaher Wohnlage. Der Vermieter hatte das Objekt gekauft und kurze Zeit später den Mietern gekündigt. Das Haus war sanierungsbedürftig und hatte eine Restnutzungsdauer von 15 – 20 Jahren. Eine Minimalsanierung der dringendsten Maßnahmen mit Kosten von 70.000 € (Beseitigung der Feuchtigkeit im Keller, Hausschwammbehandlung) hätte die Restnutzungsdauer nicht verlängert. Eine Vollsanierung mit Entkernung und Erneuerung von Teilen des Rohbaus hätte 580.000 € gekostet.
Der Vermieter plante, das Haus abzureißen und 6 Eigentumswohnungen mit einer Gesamtwohnfläche von 610 qm zu bauen. Der Abriss und der Neubau waren baurechtlich schon genehmigt. Der Vermieter bot die Eigentumswohnungen auch schon zum Kauf an.
Der Vermieter kann einen Mietvertrag über eine Wohnung kündigen, wenn er bei Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert würde und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. Der Abriss und der Neubau sind eine wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks. Angemessen ist eine wirtschaftliche Verwertung, wenn sie von vernünftigen, nachvollziehbaren Erwägungen getragen wird. Dem Vermieter muss ein erheblicher Nachteil entstehen. Zu vergleichen ist das Bestandsinteresse des Mieters mit dem Verwertungsinteresse des Vermieters. Der Einzelfall entscheidet.
Bei einer Fortsetzung des Mietverhältnisses konnte der Vermieter weder die Vollsanierung noch den Neubau vornehmen. Möglich wäre nur die Mindestsanierung mit dem nicht kalkulierbaren Risiko weiterer erforderlicher Sanierungsmaßnahmen. Dieses steht in keinem Verhältnis zur Restnutzungsdauer. Unerheblich ist, dass der Vermieter sehenden Auges ein sanierungsbedürftiges Haus gekauft hat.
Unser Rat:
Der Vermieter sollte zeitgleich mit der Kündigung den Bauantrag stellen.
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