Widerstand zwecklos bei Modernisierung
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- von Martina C. Große-Wilde, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Fachanwältin für Familienrecht
Nicht selten versuchen Mieter eine Modernisierungsmaßnahme des Vermieters zu verhindern, indem sie die Form der Ankündigung beanstanden und den Vermieter so zur Verzweiflung treiben. Mit dieser Problematik hat sich der BGH in einem Urteil vom 28.09.2011 befasst und hier ausnahmsweise einmal ein Machtwort zu Gunsten des Vermieters gesprochen.Folgender Sachverhalt lag zu Grunde:
Der Vermieter wollte an der Westseite eines Mehrfamilienhauses Balkone anbringen. Dafür mussten auch Heizungsrohre und Elektroleitungen in den Wohnungen verlegt werden. Die Durchführung dieser Maßnahme kündigte der Vermieter mit Schreiben vom 30.01.2009 unter Angabe der einzelnen Arbeiten an. Er gab ferner den 09.05.2009 als Baubeginn an und eine Bauzeit von 6 Wochen. Für die Arbeiten innerhalb der Wohnungen gab er jeweils 5 Tage zuzüglich Malerarbeiten nach einer Trocknungszeit von 1 Woche an. Er legte eine Kostenschätzung vor und eine Berechnung der sich daraus ergebenden voraussichtlichen Mieterhöhung von 121,06 €. Ein Mieter fühlte sich gleichwohl nicht ausreichend informiert. Er verweigerte den Zugang zu seiner Wohnung.
Dem hat der BGH widersprochen. Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung von neuem Wohnraum sind Modernisierungsmaßnahmen. Davon zu unterscheiden sind Instandhaltungsmaßnahmen. Häufig treffen beide Maßnahmen zusammen. Das Dach ist undicht. Es soll repariert werden und gleichzeitig eine Dämmung eingebaut werden. Der Mieter muss Modernisierungsmaßnahmen dulden. Das gilt nicht, wenn die Maßnahme für ihn eine unzumutbare Härte wäre. Hier spielt eine Rolle
- ob und wie lange eine Wohnung unbenutzbar ist
- das Ausmaß der Belästigungen, vor allem durch Zutritt von Handwerkern
- ob und inwieweit die Benutzung der Mieträume durch die Baumaßnahme geändert wird
- etwaige durch den Mieter selbst vorher durchgeführte Maßnahmen, z. B. eine kurz vorher vom Mieter eingebaute Nachtspeicherheizung, wenn der Vermieter jetzt eine Fernheizanlage mit Radiatoren einbauen will
- die zu erwartende Mieterhöhung
Die zu erwartende Mieterhöhung ist keine Härte, wenn die Wohnung nur in den üblichen Standard versetzt wird. Das Interesse des Vermieters an der Modernisierung muss schwerer wiegen als das Interesse des Mieters an der Nichtdurchführung. Die Maßnahme muss dem Mieter spätestens drei Monate vor Beginn der Maßnahme mitgeteilt werden. Es reicht die Textform. Die Person des Erklärenden muss man erkennen. Es muss ein Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Unterschrift oder eine Datierung oder eine Grußformel erfolgen. Der Mieter kann bis zum Ende des folgenden Monats nach Erhalt der Mitteilung zum Ende des nächsten Monats kündigen, z. B. Zugang 15.01., Kündigung bis 28.02 zum 30.03.
Diese strengen Ankündigungsregeln gelten nicht, wenn es nur unerhebliche Einwirkungen auf die Wohnung des Mieters gibt und nur eine geringfügige Mieterhöhung in Frage kommt. Dann kann der Mieter auch nicht kündigen.
Hat der Mieter wegen der Maßnahmen Aufwendungen, kann er einen Vorschuss oder später eine Erstattung verlangen. Die Ankündigung einer Modernisierung muss Angaben enthalten zu dem voraussichtlichen Umfang, Beginn, Dauer und einer zu erwartenden Mieterhöhung.
Es ist nicht erforderlich, dass jede Einzelheit der beabsichtigten Modernisierungsmaßnahme in der Ankündigung beschrieben wird und jede mögliche Auswirkung beschrieben wird. Der Mieter muss nur ausreichend Informationen darüber erhalten, wie die Mietsache verändert wird und welche Auswirkungen das auf die Benutzung hat. Da der Mieter seine Wohnung kennt, muss ihm nur ein wirklichkeitsnäheres Bild verschafft werden.
Bisher wurde häufig die Meinung vertreten, dass beispielhaft bei der Verlegung einer Sammelheizung der Vermieter dem Mieter die Zahl, die Bauart und den Ort der Aufstellung der Heizkörper sowie den senkrechten und waagerechten Verlauf der Rohrleitungen angeben muss oder gar den Bauplan geben muss einschließlich vorgesehener Wandöffnungen und Durchbrüchen. Das geht selbst nach Auffassung des BGH zu weit. Die Entscheidung des BGH erleichtert dem Vermieter das Vorgehen. Der Vermieter kann den genauen Umfang der Arbeiten wegen der im Gewerk regelmäßig auftretenden Unwägbarkeiten gar nicht so genau im Voraus beschreiben. Der Mieter braucht diese exakten Angaben auch nicht.
Die Ankündigung von „Baumaßnahmen“ allein ist aber nicht ausreichend. Ist die Ankündigung unzureichend, muss der Mieter die Maßnahme nicht dulden. Er muss keinen Zugang gewähren. Der Vermieter muss die Ankündigung mit entsprechenden Fristen nochmals vornehmen. Stehen die Handwerker vor verschlossener Tür, drohen Schadensersatzforderungen der Handwerker. Benötigtes, aber schon bezahltes Material (Fenster) liegt ungenutzt umher.
Unser Rat:
Stehen reine Modernisierungsmaßnahmen oder sogar in Verbindung mit Instandsetzungsmaßnahmen an, dann ist auf eine sorgfältige und rechtzeitige Ankündigung zu achten.
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