Umfang der Schriftform beim Mietvertrag
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- von Martina C. Große-Wilde, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Fachanwältin für Familienrecht
Die Unwirksamkeit von Mietverträgen wegen nicht eingehaltener Schriftform ist mittlerweile ein Dauerthema. Über diesen Hebel kann manch ein Mieter schnell aus einem unliebsamen Mietvertrag kommen, wenn die Geschäfte nicht so gut laufen.
Ebenso kommt ein Vermieter aus einem unglücklichen Mietvertrag heraus, wenn sich das Mietverhältnis nicht zu seiner Freude entwickelt. Einem zu großen Formalismus ist der BGH jetzt entgegengetreten und hat einige Auflockerungen festgestellt.
Ausgangspunkt ist die gesetzliche Regelung. Ist ein Mietvertrag für eine längere Zeit als ein Jahr geschlossen, muss er in Schriftform geschlossen sein. Die wesentlichen Vertragsbedingungen müssen sich aus der Mietvertragsurkunde ergeben. Das sind insbesondere Mietgegenstand, Mietpreis, Mietdauer und Parteien des Mietvertrages. Für die Frage, ob der Mietvertrag die erforderliche Schriftform hat, ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Unterschrift unter den Vertrag abzustellen. Spätere Ereignisse können die Einhaltung der Schriftform nicht mehr beeinträchtigen. Ist die Schriftform nicht gewahrt, dann kann der Vermieter oder Mieter den Mietvertrag mit der gesetzlichen Frist kündigen.
Ist ein langjähriger Mietvertrag über ein Ladenlokal geschlossen worden, dann kann die (recht kurze) gesetzliche Kündigungsfrist für den Mieter existenzvernichtend sein. Denn nicht selten investiert der Mieter in erheblichem Maße. Die Investitionen kann er regelmäßig nicht mitnehmen. Man denke an den eingebauten Zahnarztstuhl oder Glasvitrinen, die genau angepasst sind.
Ist der Vertrag normal kündbar, dann ist die Kündigung bei Gewerberaum spätestens am 03. Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres möglich. Das sind gerade einmal sechs Monate. Der Vermieter von Wohnraum kann kündigen mit einer Frist von drei Monaten, ab fünf Jahren Mietvertragsdauer mit einer Frist von sechs Monaten und ab acht Jahren Mietvertragsdauer mit einer Frist von neun Monaten.
Eine erste wichtige klarstellende Entscheidung ist das Urteil des BGH vom 24.07.2013.
Der Mieter mietete in diesem Fall Geschäftsräume, die vom Vermieter vor Bezug saniert werden sollten. Es wurde ein Vertrag auf zehn Jahre geschlossen. Der Mieter sollte Miete ab Übergabe/Übernahme der Räume zahlen. Sollte sich diese verzögern, dann sollte das Mietverhältnis an dem Tag beginnen, an dem es begonnen hätte, wenn alles rechtzeitig erledigt gewesen wäre. Sollte der Mieter nicht rechtzeitig übernehmen, dann sollte das Mietverhältnis beginnen in dem Zeitpunkt, in dem der Mieter hätte übernehmen können.
Die Räume wurden dann an den Mieter übergeben. Der Mieter kündigte später, weil entgegen der Zusage des Vermieters kein direkter Zugang vom Parkplatz in die Geschäftsräume des Mieters, einem Einkaufsmarkt, bestand. Entscheidend war die Frage, ob der Mietbeginn ausreichend genannt war oder nicht.
Hier hat der BGH noch einmal ausdrücklich bekräftigt, dass sich der genaue Zeitpunkt des Beginns des Mietverhältnisses nicht direkt aus dem Mietvertrag ergeben muss. Die Parteien sollen aus den Regelungen des Mietvertrages ausreichend gewarnt sein. Es soll einem Erwerber zumutbar sein, sich bei Vermieter oder Mieter zu erkundigen. Er weiß daher, dass das Mietverhältnis nicht bereits zehn Jahre nach Abschluss des Vertrages endet wird, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, über den er sich erst noch auf andere Weise Gewissheit verschaffen muss und regelmäßig auch kann. Das heißt also, dass im Mietvertrag die maßgeblichen Umstände so genau angegeben sein müssen, dass ein möglicher Erwerber beim Vermieter oder Mieter entsprechende Nachforschungen vornehmen kann. Die Schriftform soll in erster Linie einen möglichen Erwerber schützen.
In einer weiteren Entscheidung vom 11.12.2013 hat der BGH seine Auflockerungstendenzen fortgesetzt und bekräftigt.
Hier ging es um einen Mietvertrag für eine Wohnung. Der Vermieter und der Mieter hatten vereinbart, dass das Mietverhältnis am 15.11.2009 beginnt und am 31.10.2012 endet. Allerdings hatte man es versäumt, Gründe für die Befristung aufzunehmen, wie es das Gesetz vorschreibt. Der Vermieter hat die Wohnung dann verkauft und der Käufer hat dem Mieter gekündigt mit der Begründung, dass keine Gründe angegeben waren. Das soll aber nicht so sein. Durch die Unwirksamkeit der beabsichtigten Regelung soll eine planwidrige Lücke entstanden sein. In derartigen Fällen soll die Lücke durch ergänzende Vertragsauslegung gefüllt werden.
Man geht also von dem aus, was die Parteien redlicherweise vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der vereinbarten Regelung bekannt gewesen wäre. Das bedeutete hier: Hätten die Parteien das Problem erkannt, dann hätten sie anstelle der unwirksamen Befristung einen beiderseitigen Kündigungsverzicht vereinbart. Die Entscheidung hat aber noch weitreichendere Bedeutung. Bisher war ein Kündigungsverzicht nur für vier Jahre wirksam. Jetzt ist ein Kündigungsverzicht von mehr als vier Jahren möglich.
Die Entscheidung wurde zwar für einen Fall des Wohnraums getroffen. Da der BGH aber häufig seine Urteile aus dem Wohnraummietrecht auch im Gewerberaummietrecht anwendet und umgekehrt, wird man diese Entscheidung auch bei Gewerberaum zu Rate ziehen können.
In der jüngsten Entscheidung vom 05.02.2014 hat sich der BGH mit dem Thema Vorauszahlungen und Indexklausel befasst.
Hier durfte der Vermieter von Gewerberaum nach Betriebskostenabrechnungen die Höhe der Vorauszahlungen durch einseitige Erklärung anpassen. Die Miete sollte sich automatisch zum 01.01. eines jeden Jahres anpassen durch schriftliche Mitteilung des Vermieters. Der Zeitpunkt der Mitteilung sollte keinen Einfluss auf das Inkrafttreten der Mieterhöhung haben. Der Vermieter hat dann auch die Vorauszahlung erhöht und eine erhöhte Miete mitgeteilt. Auch dieses verstößt nicht gegen das Schriftformerfordernis. Ein zukünftiger Erwerber ist durch die Formulierung im Mietvertrag ausreichend gewarnt.
Unser Tipp:
- Prüfen Sie bei Veränderung des Mietvertrages immer, ob die Schriftform eingehalten ist.
- Wollen Sie sich aus einem Vertrag lösen, ist sehr wohl zu überlegen, auf welches Argument die Kündigung gestützt werden soll.
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