Fehlender Umsatz im Einkaufszentrum
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- von Martina C. Große-Wilde, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Fachanwältin für Familienrecht
Bei langjährig laufenden Mietverträgen über Ladenlokale sind für den Mieter regelmäßig die Umsätze entscheidend. Bei neu errichteten Einkaufszentren besteht die Gefahr, dass es vom Publikum nicht angenommen wird und die erwarteten Umsätze ausbleiben. Für den Mieter stellt sich die Frage, ob er sich vorzeitig vom Vertrag lösen kann, ohne hohen Schadensersatzansprüchen ausgesetzt zu sein. Hierzu hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt klare Maßstäbe gesetzt.
Der Mieter hatte in einem noch zu erstellenden Einkaufszentrum für zehn Jahre ein Geschäftslokal zum Betrieb eines Fachgeschäfts für Wäsche und Dessous angemietet. Als das Geschäft nach drei Monaten nicht den erwarteten Umsatz brachte, kündigte der Mieter den Mietvertrag fristlos. Er berief sich darauf, der Vermieter habe die gute Erreichbarkeit, ausreichende Parkplätze, überdachte Zuwege, die Eröffnung eines Lebensmittelmarktes im Einkaufscenter und die Vollvermietung des Einkaufscenters versprochen. Das wäre aber nicht in die Tat umgesetzt worden.
Der BGH hat ausgeführt, dass die Situation allein zu Lasten des Mieters gehe. Solche Umstände stellten keine unmittelbare Beeinträchtigung der Tauglichkeit eines Geschäftslokals dar. Sie erhöhten lediglich die Attraktivität eines Geschäfts. Die Möglichkeit, an dem von anderen Geschäften in einem Einkaufszentrum angezogenen Kundenstrom zu partizipieren, könne sich zwar mittelbar auf den Umsatz des betroffenen Geschäfts auswirken. Das beträfe aber nicht die Gebrauchstauglichkeit eines Objektes. Das wäre vielmehr das allgemeine Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko. Dieses liege aber grundsätzlich beim Mieter und nicht beim Vermieter.
Eine Haftung des Vermieters setze grundsätzlich voraus, dass es um die Beschaffenheit des Mietobjektes gehe oder eine verpflichtende Erklärung des Vermieters vorliege, dass dieser auch die Gewähr für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften übernehmen und für alle Folgen ihres Fehlens eintreten wolle.
Nach Auffassung des BGH liegt auch keine Störung der Geschäftsgrundlage vor. Es gehe vielmehr um Umstände, die in den Risikobereich einer der Parteien falle. Daran ändere auch nichts, wenn der Mieter einzelne zusätzliche Vertragspflichten im Gesamtinteresse aller Mieter des Einkaufszentrums übernommen habe. Etwas anderes komme nur dann in Betracht, wenn der Vermieter durch ein Gesamtkonzept, in das die Mieter finanziell und mit Betriebspflichten eingebunden seien, eine den Vermieter verpflichtende Gesamtverkaufsstrategie entwickelt habe. Der Vermieter müsse über die übliche Verwaltung und Koordinierung eines Einkaufszentrums hinaus ein eigenes unternehmerisches Risiko für alle Einzelgeschäfte übernehmen.
Der BGH hat auch darauf hingewiesen, dass das unternehmerische Risiko im Einzelfall durch eine Garantieerklärung z. B. für die dauerhafte Vollvermietung eines Einkaufszentrums von dem Vermieter übernommen werden könne. Die Entscheidung ist für die Praxis deshalb wichtig, weil für beide Seiten alles mit der Vertragsgestaltung steht und fällt.
Unser Rat:
Vor Abschluss eines derartigen Mietvertrages ist zu prüfen, inwieweit sich der Vermieter nach dem Vertrag an dem unternehmerischen Risiko beteiligen soll. Dies sollte im Vertrag auch schriftlich niedergelegt werden.
- BGH v. 16. 2. 2000 - XII ZR 279/97, NJW 2000, 1714 -
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