Arbeitnehmer sind keine Verbraucher
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- von Martina C. Große-Wilde, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und Fachanwältin für Familienrecht
Kann ein Aufhebungsvertrag vom Arbeitnehmer nach neuem Recht widerrufen werden?
Diese sorgenvolle Frage stellten sich in der jüngsten Vergangenheit viele Arbeitgeber, hervorgerufen durch die Schuldrechtsreform im Jahre 2002. Hierzu hatten wir in unseren vorhergehenden Auflagen schon ausführlich berichtet.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Brandenburg hatte hierzu mit einem der ersten grundlegenden Urteile vom 30. Dezember 2002 entschieden, dass der Arbeitnehmer kein Verbraucher ist und deshalb grundsätzlich auch kein Widerrufsrecht hat.
In dem zu entscheidenden Fall erkrankte die in einem Hotelbetrieb beschäftigte Spülerin ab Juli 2001. Am 28. Januar 2002 erschien sie, nachdem der Arbeitgeber sie dorthin bestellt hatte, in dem Büro des Arbeitgebers. Dort unterzeichnete sie einen Aufhebungsvertrag. Außerdem wurde ihr ein Kündigungsschreiben ausgehändigt. Am 7. März 2002 widerrief die Arbeitnehmerin ihre Erklärung zum Aufhebungsvertrag.
Nach bisherigem Recht, das hier grundsätzlich Anwendung findet, besteht kein Widerrufsrecht. Nach neuem Recht stünde bei einem Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat und zu dessen Abschluss der Verbraucher u. a. an seinem Arbeitsplatz bestimmt worden ist, dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu. Es stellt sich damit die Frage, ob der Arbeitnehmer ein Verbraucher ist.
Das LAG hat entschieden, dass der Arbeitnehmer kein Verbraucher ist. Die Widerrufsvorschriften sollen nur für Haustürgeschäfte gelten, bei denen der Verbraucher für den Bezug von Waren oder Dienstleistungen eine Verbindlichkeit eingeht. Das sei bei einem Aufhebungsvertrag nicht der Fall. Außerdem fehle die typische Überrumpelungssituation. Das LAG hat allerdings offen gelassen, ob in einer Überrumpelungssituation nicht doch ausnahmsweise ein Widerrufsrecht besteht.
Mit Urteil vom 27. November 2003 hatte nun auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheiden. Danach fallen im Personalbüro des Arbeitgebers abgeschlossene Aufhebungsverträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern von vorn herein nicht unter das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften.
Ein Arbeitnehmer kann sich nur auf allgemeine Anfechtungsgründe berufen, etwa. wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch eine rechtswidrige Drohung zum Abschluss des Aufhebungsvertrages veranlasst hat.
Die für andere Problembereiche wichtige Fragen, ob der Arbeitnehmer Verbraucher ist, hat das BAG weiterhin offen gelassen.
Unser Rat:
- Sorgen Sie als Arbeitgeber dafür, dass keine Überrumpelungssituation eintritt, lassen Sie vor der Unterschrift eine Nacht vergehen.
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