Aus- und Einbaukosten bei Lieferung von mangelhaften Baumaterialien
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- von Franz M. Große-Wilde, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Erbrecht
Liefert ein Unternehmen Baumaterialien und sind diese mangelhaft, stellt sich die Frage, ob der Lieferant neben der Mängelbeseitigung an den Materialien auch die Ein- und Ausbaukosten tragen muss.
Bisher war die Rechtsprechung hier noch ohne klare Linie. Ein derartiger Fall war jetzt Gegenstand einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 21. Dezember 2011).
Dem lag zu Grunde, dass ein Bauherr in einem Baumarkt Bodenfliesen erworben und diese in seinem Flur und in seiner Küche verlegt hatte. Nach der Verlegung offenbarten sich nicht behebbare Mikroschleifspuren, so dass nur ein Austausch in Frage kam. Streitig war, ob der Unternehmer neben der Anlieferung neuer Fliesen auch für den Ausbau der alten und den Einbau der neuen Fliesen einzustehen hat. Zugleich stellte sich die Frage, ob der Baumarkt die Nacherfüllung insgesamt mit der Begründung verweigern kann, dass jedenfalls durch die Höhe der Ausbaukosten die Nacherfüllung unverhältnismäßig sei.
Unter Berücksichtigung der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in einer Entscheidung vom 16.06.2011 entschied jetzt der BGH, dass der Verkäufer (Baumarkt) im Rahmen der Nacherfüllung grundsätzlich auch für den Aus- und Einbau einzustehen hat. Ist der Käufer (Bauherr) Verbraucher, kann der Verkäufer (Bauunternehmer) sich insoweit nicht generell auf Unverhältnismäßigkeit berufen. Er darf dem Verbraucher gegenüber dann aber einwenden, sich an dem Aus- und Einbau nur mit einem angemessenen Betrag zu beteiligen.
Die Entscheidung des BGH bleibt in einigen Punkten noch unklar. Insbesondere nennt er keine konkreten Richtwerte für die „Angemessenheit“ der Kostenbeteiligung. Hier wird auch in Zukunft eine einzelfallbezogene rechtliche Beratung sinnvoll sein. Einen ersten Maßstab setzt der BGH, wenn er bei einem nur optischen Mangel und dem Verkaufswert des Materials die Hälfte dieses Wertes als angemessen zu Grunde legt.
Ist auch der Käufer (Bauherr) Unternehmer, sieht es nach wie vor anders aus. Hier kann der Verkäufer (Bauunternehmer) bei unverhältnismäßigen Aus- und Einbaukosten die Nacherfüllung verweigern. Hinzu kommt, dass der Käufer zudem auch seiner Untersuchungs- und Rügepflicht nach § 377 HGB nachkommen muss. Danach muss er die Baumaterialien vor dem Einbau unverzüglich untersuchen und etwaige Mängel rügen.
Unser Tipp:
- Die Lieferung von Materialien ist für den Bauunternehmer nicht ohne Risiken. Bei Mangelhaftigkeit ist er verpflichtet, nicht nur neues Material zu liefern, sondern das alte Material auch auszubauen und mangelfreie Materialien einzubauen.
- Ist der Kunde Unternehmer, kommt für den Aus- und Einbau eine Beschränkung auf eine angemessene Kostenbeteiligung in Betracht. Die Bestimmung der „Angemessenheit“ ist dabei mit einem gewissen rechtlichen Risiko verbunden.
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