Einer der Schwerpunkte der Unterhaltsreform 2008 war die Einführung einer allgemeinen Regelung zur Befristung und Herabsetzung von Unterhaltsansprüchen aus Billigkeitsgründen (1578 b BGB). Hierdurch sollte die frühere Praxis nach dem Motto „einmal Chefarztgattin, immer Chefarztgattin“ beendet werden.
Danach musste ein Ehegatte nach einer Scheidung dem anderen Ehegatten Unterhalt zahlen, wenn er während der Ehe für den Unterhalt oder den größeren Teil davon gesorgt hatte. Meistens musste der Mann bis ans Lebensende nachehelichen Unterhalt an seine geschiedene Frau zahlen, damit diese nach der Scheidung keine finanziellen Abstriche machen musste und einen gleichhohen Lebensstandard hatte wie bisher. Dieses Prinzip wollte man mit der Reform 2008 aufheben.
Die Reform führte aber häufig zum extremen Gegenteil. Es wurde das Prinzip der Eigenverantwortung aufgestellt. Danach war zu ermitteln, ob eine an den ehelichen Lebensverhältnissen ausgerichtete Unterhaltshöhe auch unter Berücksichtigung der Kindesbetreuung unbillig war. Die nacheheliche Solidarität wurde im Hinblick auf die nacheheliche Eigenverantwortung massiv zurückgedrängt. Das Gesetz nannte Merkmale für die Entscheidung für die Begrenzung des Unterhaltsanspruchs. Vor allem war zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile eingetreten waren, für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen, der sog. ehebedingte Nachteil. Die Begrenzung war grundsätzlich vorzunehmen, wenn es an ehebedingten Nachteilen fehlte.
Beispiele für Ursachen für ehebedingte Nachteile waren vor allem die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinsamen Kindes, die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe und die Dauer der Ehe. Der Nachteil ist danach ehebedingt, wenn er auf der konkreten Lebensführung der Eheleute während der Ehe beruht. Die Dauer der Ehe wurde hierbei als der am Wenigsten wichtige Gesichtspunkt angesehen. In diesen Fällen wurde nur das wegen der Dauer der Ehe entstandene Vertrauen in den Fortbestand der Ehe bewertet.
Wegen dieser Bewertung war die Rechtsprechung anfangs sehr zurückhaltend bei der Frage, ob die Ehedauer an sich allein den Ausschluss einer Begrenzung des Unterhaltsanspruches begründen kann. Der Gesetzgeber hatte sich eine großzügige Anwendung der Begrenzungsmöglichkeit gewünscht. Die Amtsgerichte haben beim Fehlen ehebedingter Nachteile den nachehelichen Unterhalt häufig automatisch begrenzt. Dieses wurde vor allem bei sog. Altehen beanstandet. Das sind Ehen, die lange vor der Unterhaltsreform 2008 geschlossen worden waren. Denn diese Ehegatten hatten keine Chance mehr, sich auf das neue Gesetz einzustellen. Erst nach einer Entscheidung des BGH vom 06.10.2010 kam eine Kehrtwende. Der Gesetzgeber wollte jedoch Klarheit schaffen.
Die Ehedauer wird jetzt als eigenständiges Merkmal für den Ausschluss einer Billigkeitsbegrenzung ausdrücklich hervorgehoben. Bei der Begrenzung ist jetzt gleichwertig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruches unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Die Dauer der Ehe hat den gleichen Rang wie die ehebedingten Nachteile und ist eigenständiges Billigkeitskriterium.
Die Neuregelung wertet damit die reine Ehedauer, die ohne Nachteile für den betroffenen Ehegatten geblieben ist, auf. Gleichwohl bleibt ein Schönheitsfehler. Ungeklärt ist nach wie vor, wann eine Ehe im Sinne der Neuregelung als lang einzustufen ist. Erste Stimmen in der Literatur schlagen vor, bei einer Ehedauer von mehr als 15 Jahren oder 20 Jahren von einer langen Ehedauer auszugehen. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 06.10.2010 noch zum alten Recht eine 23jährige Ehe jedenfalls als lange angesehen. Gerechnet wurde hierbeider Zeitraum von der Heirat bis zur Zustellung des Scheidungsantrages.
Unser Tipp:
Prüfen Sie, ob eine Abänderung einer Ihren Unterhaltsanspruch begrenzenden Entscheidung möglich ist.