Die gesetzliche Erbfolge
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- von Franz M. Große-Wilde, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Fachanwalt für Erbrecht
Der Gesetzgeber hat – weil eine Nachlassregelung immer erforderlich ist – für alle diejenigen Fälle, in denen es besondere Anordnungen nicht gibt, eine Auffangregelung vorgesehen, die gesetzliche Erbfolge. In dieser ist detailliert geregelt, wie und auf welche Art und Weise an wen der Nachlass eines Verstorbenen zu vererben ist.
Die gesetzliche Erbfolge wird außer Kraft gesetzt, wenn durch ein Testament oder einen Erbvertrag eine andere Regelung für den Tod getroffen wird. Wer sich mit dem Erbrecht befasst, muss deshalb Kenntnis darüber haben, wie die gesetzliche Erbfolge aussieht. Hier bestehen oft Fehlvorstellungen. Ehegatten glauben oft, dass der Nachlass immer zuerst an den überlebenden Ehegatten fallen würde und dann erst an die Kinder, Kinder sind im Glauben, ihnen stünden schon zu Lebzeiten erbrechtliche Ansprüche zu.
Grundsätzlich ist in Deutschland die gesetzliche Erbfolge als Verwandtenerbrecht ausgebildet. Hierzu sind die Verwandten des Erblassers jeweils in Erbenordnungen eingeteilt. Neben den Verwandten steht der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner in einer Sonderstellung, § 1931 BGB, § 10 LPartG.
Zu den Erben erster Ordnung gehören die Abkömmlinge des Verstorbenen, also die Kinder, die Enkel und Urenkel. Jedes Kind schließt seine Kinder als Erben aus, an die Stelle der verstorbenen Kinder treten jeweils die durch dieses Kind mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge. Ein weiterer Grundsatz ist, dass die Erben der jeweils vorausgehenden Ordnung alle Verwandten von den nachfolgenden Ordnungen ausschließen. Sind also Kinder oder andere Abkömmlinge vorhanden, egal wie viele, so sind damit alle anderen Verwandten ausgeschlossen.
Die Erben der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Dies sind die Geschwister des Erblassers, die Nichten, Neffen usw..
Die Erben der dritten Ordnung gehören die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge, also Großonkeln, Großtanten, Großnichten, Großneffen usw.. In der Praxis kommen die ferneren Erbenordnungen eher seltener zum Zuge. Dies hängt auch damit zusammen, dass das Vorhandensein eines Ehegatten bereits Erben der dritten Ordnung mit Ausnahme der Großeltern alle anderen Erben ausschließt. Für die praktische Umsetzung einfach einmal zwei Beispiele:
- Hinterlässt der Verstorbene eine Ehefrau und drei Kinder, so führt dies – wenn die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand verheiratet waren – dazu, dass der Ehefrau die Hälfte des Nachlasses zusteht und den Kindern jeweils von der zweiten Hälfte 1/3, also ein 1/6 des Gesamtnachlasses. Leben neben der Ehefrau noch die Eltern, ist die Ehe aber kinderlos geblieben, so würde die Ehefrau ¾ des Nachlasses erhalten und die Eltern des verstorbenen Mannes ¼.
- Anders ist dies dann, wenn die Ehegatten Gütertrennung bei Eheschließung oder später durch einen Ehevertrag vereinbart haben. In diesem Falle erhält die Ehefrau deutlich weniger. Im Verhältnis zu den Kindern erhält die Ehefrau dann lediglich ¼ des Nachlasses, während die Kinder die restlichen ¾ unter sich aufteilen müssen, so dass also damit jeder ¼ erhält. Im Verhältnis zu den Eltern des Ehegatten bei Kinderlosigkeit erhält die Ehefrau die Hälfte, die andere Hälfte geht an die Eltern.
Die gesetzliche Erbfolge entspricht oft nicht dem, was von den Beteiligten wirtschaftlich gewünscht ist. Es wird selten daran gedacht wird,
- dass bei einem kinderlosen Ehepaar die Eltern Miterben werden, bei Eltern mit Kindern wird oft nicht daran gedacht,
- dass die Kinder auf diesem Wege unmittelbar am Vermögen beteiligt werden.
Dies führt bei erwachsenen Kindern dazu, dass diese auf einer sofortigen Verwertung des Vermögens bestehen können. Bei minderjährigen Kindern ist dies mit dem Problem verbunden ist, dass jede Verfügung über das Vermögen vormundschaftsgerichtlich genehmigt werden muss.
In praktisch allen Fällen ist deshalb eine Regelung für den Todesfall durch Testament oder Erbvertrag zu empfehlen. Die hier möglichen Gestaltungsvarianten sind so vielfältig, dass damit allen Interessen Rechnung getragen werden kann.
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